DNA-Proben des Nationalen Registers im Kühlschrank der Zentralen Biobank der Charité, Wolfram Scheible für Nationales Register © Wolfram Scheible für Nationales Register

Genetik

Neue Gene entdeckt!

Forschungserfolg für Diagnostik und Behandlung

Wissenschaftlicher Name der Studie

Distinct genetic architectures for syndromic and nonsyndromic congenital heart defects identified by exome sequencing

Eine internationale Forschergruppe hat drei neue Gene aufgespürt, die bei der Entstehung angeborener Herzfehler eine Rolle spielen. Außerdem konnte sie herausfinden, welche Arten von Herzfehlern vererbt und welche durch Genveränderungen verursacht werden. Jetzt wissen wir:  Angeborene Herzfehler sind häufiger vererbt als bislang angenommen.

Vererbt oder verändert?

Es gibt zwei Gruppen von angeborenen Herzfehlern: Bei den syndromalen Herzfehlern weisen auch andere Organe Fehlbildungen auf. Die nicht-syndromalen Herzfehler dagegen treten ohne weitere Organ-Fehlbildungen im Körper auf. Die Mehrheit der Betroffenen (90 Prozent) hat einen nicht-syndromalen Herzfehler. Hinsichtlich der genetischen Ursachen tappte die Wissenschaft bislang vor allem bei der großen Gruppe der nicht-syndromalen Herzfehler im Dunkeln. Welche syndromalen und nicht-syndromalen Herzfehler werden vererbt und bei welchen handelt es sich um Genveränderungen?

Einer internationalen Forschergruppe unter Federführung des Wellcome Trust Sanger Institutes (Cambridge/Großbritannien) ist es gelungen, den Antworten auf diese Fragen weiter auf die Spur zu kommen. An dem Projekt beteiligt waren im Rahmen der Forschung mit dem Nationalen Register für angeborene Herzfehler auch Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel.

Drei neue Gene entdeckt

Bei ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler drei neue Gene entdeckt, die bei der Entstehung von seltenen syndromalen Herzfehler eine Rolle spielen. Sie identifizierten Veränderungen in den drei Genen CHD4, CDK13 und PRKD1 und fanden auf diese Weise heraus, dass ein großer Teil dieser Herzfehler durch eine solche Genmutation, eine Veränderung des Erbgutes, neu entstehen und nicht von den Eltern vererbt werden.

Anders war es bei den nicht-syndromalen Herzfehlern. Diese sind viel öfter erblich bedingt als bislang gedacht. „Häufig tragen beide Elternteile wenige seltene Genveränderungen, haben aber selbst keine Krankheitszeichen. Erbt ein Kind von beiden Elternteilen die Genveränderung, kann diese Kombination zu einem schwerwiegenden Herzfehler führen“, erläutert der Humangenetiker Marc-Phillip Hitz.

Ein Großteil der Proben wurde durch das Nationale Register zur Verfügung gestellt. © Wolfram Scheible für Nationales Register
Ein Großteil der Proben wurde durch das Nationale Register zur Verfügung gestellt.

4.000 Probenspenden

Um seltene Genveränderungen aufzuspüren, muss eine große Zahl von Daten analysiert werden. Per Exomsequenzierung hatte das Team um Marc-Phillip Hitz die DNA von insgesamt rund 4.000 Patientinnen und Patienten mit syndromalen und nicht-syndromalen Herzfehlern sowie deren Eltern untersucht.

DNA-Gewinnung in der Zentralen Biobank der Charité. © Wolfram Scheible für Nationales Register
DNA-Gewinnung in der Zentralen Biobank der Charité.

Weltweiter Probenabgleich

Dass für solche Projekte ausreichend viele Proben zur Verfügung stehen, gewährleisten zentrale Forschungseinrichtungen wie das Nationale Register, das flächendeckend über einen langen Zeitraum Daten und Proben erfasst und auswertet. Im Rahmen ihrer Genomforschungs-Studie konnten die Wissenschaftler Proben aus Deutschland, aber auch aus England, Belgien, Saudi-Arabien und Kanada, untersuchen und vergleichen. Nur so konnten die Forscher sicher gehen, dass entdeckte Genveränderungen mit der Krankheit zusammenhängen und nicht zufällig sind.

  • Kurz erklärt

    Lesen im Buch des Lebens

    Worum geht es in der Genomforschung?

    Wie eine Strickleiter: 3D-Darstellung der DNA © fotolia.com | Sashkin
    Wie eine Strickleiter: 3D-Darstellung der DNA

    Das Genom ist die Gesamtheit der Erbinformationen beziehungsweise DNA in einer Zelle. Das menschliche Genom enthält circa 22.000 Gene, die eine Art Bauanleitung für unseren Körper sind. Jedes dieser Gene beschreibt einen bestimmten Abschnitt auf der DNA, die aus zwei ineinander gewundenen Strängen besteht und aussieht wie eine Strickleiter. Chemisch betrachtet besteht diese "Strickleiter" aus vier Nukleinbasen. Sie heißen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Der Einfachheit halber werden sie bei ihren Anfangsbuchstaben A, C, G, T genannt. Sie bilden in ihrer Abfolge und Länge den genetischen Code, den die Zellen für Entwicklung und Aussehen unseres Körpers entschlüsseln. Stellt man sich das Genom wie ein Buch vor, dann sind die Gene die Sätze darin. Wenn in diesen Sätzen einzelne Buchstaben falsch geschrieben sind, kann die Zelle wichtige Proteine (Eiweiße) nicht richtig herstellen. Proteine sind die „Baustoffe“ des menschlichen Körpers. Wenn sie nicht richtig gebildet werden, passieren Fehler in der menschlichen Entwicklung wie zum Beispiel ein angeborener Herzfehler. Um den Ursachen dafür auf die Spur zu kommen, suchen Wissenschaftler in der Genomforschung auch nach solchen Schreibfehlern.

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Präzisere Vorhersage, bessere Therapie

Die Studienergebnisse liefern wichtige Informationen darüber, was bei der Entstehung von angeborenen Herzfehlern passiert. Auf dieser Grundlage lässt sich die Beratung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern verbessern. Langfristiges Ziel ist es, allen Patienten eine genetische Diagnose zu ermöglichen. So lassen sich Aussagen dazu treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Herzfehler vererbt werden. Außerdem kann eine molekulargenetische Diagnose dabei helfen, die betroffenen Patienten optimal zu behandeln.

  • Wissenschaftliche Details zur Studie

    Welche syndromalen und nicht-syndromalen Herzfehler werden vererbt und bei welchen handelt es sich um Gen-Veränderungen? Der Antwort auf diese Frage ist eine internationale Forschergruppe unter Federführung des Wellcome Trust Sanger Institutes (Cambridge/Großbritannien) näher gekommen. Die Forscher haben drei neue Gene entdeckt, die an der Entstehung syndromaler Herzfehler beteiligt sind.

    Erfahren Sie mehr zum Studiendesign, den Materialien und Methoden, sowie zu den Hintergründen der Studie:

    Publikationen

    • 15.9.2016

      Distinct genetic architectures for syndromic and nonsyndromic congenital heart defects identified by exome sequencing.

      Sifrim A, Hitz MP, Wilsdon A, Breckpot J, Turki SHA, Thienpont B, McRae J, Fitzgerald TW, Singh T, Swaminathan GJ, Prigmore E, Rajan D, Abdul-Khaliq H, Banka S, Bauer UMM, Bentham J, Berger F, Bhattacharya S, Bu'Lock F, Canham N, Colgiu IG, Cosgrove C, Cox H, Daehnert I, Daly A, Danesh J, Fryer A, Gewillig M, Hobson E, Hoff K, Homfray T, Kahlert AK, Ketley A, Kramer HH, Lachlan K, Lampe AK, Louw JJ, Manickara AK, Manase D, McCarthy KP, Metcalfe K, Moore C, Newbury-Ecob R, Omer SO, Ouwehand WH, Park SM, Parker MJ, Pickardt T, Pollard MO, Robert L, Roberts DJ, Sambrook J, Setchfield K, Stiller B, Thornborough C, Toka O, Watkins H, Williams D, Wright M, Mital S, Daubeney PEF, Keavney B, Goodship J, Abu-Sulaiman RM, Klaassen S, Wright CF, Firth HV, Barrett JC, Devriendt K, FitzPatrick DR, Brook JD, Hurles ME,

      Nature genetics 48, 9, 1060-5, (2016). Diese Publikation bei PubMed anzeigen.

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